Schlichten statt Richten: Mediation als Alternative

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Artikel aus Thüringer Allgemeine – Ratgeber:

Foto: Alexander Volkmann

Nicht alle Streitigkeiten muss man vor Gericht austragen: Mediation kann eine preiswerte und weniger zeitaufwendige Alternative sein.

Streitigkeiten vor Gericht auszutragen und vom Richter ein Urteil dazu zu erwarten, ist ein Weg, mit Konflikten umzugehen. Ein anderer ist die Mediation. Mühlhausen. Sie sind Juristen, Pädagogen, Pfarrer, Psychologen und in anderen Berufen tätig. Der Thüringer Arbeitskreis für Mediation vereint Menschen verschiedener Berufsgruppen, die bei Auseinandersetzungen schlichten. Während es in Familienrechtsverfahren empfohlen werden kann, dass die Prozessbeteiligten beispielsweise beim Streit um das Umgangsrecht sich an einen Mediator wenden, ist die Mediation in anderen Rechtsbereichen eher Neuland. Doch die außergerichtliche Einigung liegt im Trend, spart sie doch Kosten und verspricht erfolgreichere Wege als ein Urteil, das am Ende widerspruchslos hingenommen werden muss.

ALTERNATIVE
Wer vor Gericht zieht, gibt gewissermaßen die Fäden aus der Hand. Denn: Die Entscheidung fällen andere, für die allein rechtliche Fragen relevant sind. Häufig spielen bei Streitigkeiten jedoch auch Befindlichkeiten oder Sachverhalte eine Rolle, die nicht unmittelbar „rechtshängig“ sind, also Richter oder Rechtsanwälte überhaupt nicht interessieren. In solchen Fällen ist es durchaus sinnvoll, statt auf eine Verhandlung auf Mediation zu setzen. Denn dort kommen alle Aspekte eines Streits zur Sprache und es wird solange nach einer Lösung gesucht, bis sich die Beteiligten auf einen Kompromiss einigen können.

LÖSUNG
In mehreren Sitzungen mit den Beteiligten wird das Problem zunächst von allen Seiten betrachtet. Jeder hat Gelegenheit, die Sache aus seiner Sicht zu schildern und vor allem, seine damit verbundenen Gefühle und Bedenken zu erörtern. So erhellen sich meist Situation, die ohne die Mediation und das gezielte Nachfragen der Mediatoren nur aus einem sehr begrenzten dem eigenen Blickwinkel wahrgenommen würden. Statt auf ein Urteil wird auf Verständigung gesetzt. In weit über 90 Prozent gelingt das am Ende auch.

MEDIATOR
Bleibt die Frage: Wie findet man einen geeigneten Mediator? Problematisch ist, dass die Bezeichnung „Mediator“ bislang nicht geschützt ist, jeder kann sich also so nennen. Die Grauzone ist groß. Wer sicher gehen möchte, sollte sich nach Zertifikat oder Ausbildungsnachweis erkundigen. In Thüringen hilft der Arbeitskreis Mediation dabei, Mediatoren mit entsprechender Ausbildung zu finden. Zu erreichen ist der Arbeitskreis per Post über Friedemann Schlede, Am Schloss Wippchen 3 in 99974 Mühlhausen sowie unter 03601 / 81 56 39.

KOSTEN
Eine Schlichtung ist allemal preiswerter als ein Gerichtsverfahren, zumal sie weniger zeitaufwendig ist. Abgerechnet wird auf Stundenbasis und nicht nach Streitwert wie vor Gericht. In der Regel werden die Kosten hälftig zwischen den Streitparteien geteilt.

Britta Hinkel / 17.04.10 / TA Ratgeber

DER PRAXISFALL: VERSTIMMUNGEN AM ARBEITSPLATZ
Jutta K. ist seit 17 Jahren bei der Firma S. beschäftigt. 15 Jahre wurde das Geschäft vom Senior-Chef geführt,
dann übernahm es seine Tochter.
Seither fühlt sich Frau K. in der Firma unwohl. Sie hat das Gefühl, nichts richtig zu machen, begab sich in ärztliche Behandlung und war mehrere Wochen krankgeschrieben.
Nach ihrer Rückkehr hatte sie den Eindruck, dass ihr auch das Kranksein verübelt wurde, Jutta K. suchte einen Anwalt auf, um gegen das Mob-bing ihrer Chefin zu klagen.
Sylvia S. hatte gerade ihr Betriebswirtschaftsstudium absolviert, als ihr Vater ihr die Leitung der Firma übertrug.
Jutta K-, seine rechte Hand, schien das nicht zu gefallen. Sylvia S. hatte den Eindruck, dass Frau K. ihr Informationen vorenthielt, weil sie nicht unter ihrer Leitung arbeiten wolle. Nun erklärte sie auch noch, ihr Arzt habe ihr zu einer Kur geraten.
Sylvia S. hatte gerade eine Messe vorzubereiten. Sie überlegte, Frau K. zu kündigen und durch eine junge dynamische Kraft zu ersetzen.
Eine Mobbing-Klage hätte Frau K. vielleicht gewonnen. Da es sich jedoch um einen Kleinbetrieb mit weniger als 10 Beschäftigten handelte, hätte sie gegen eine Kündigung nicht viel ausrichten können. Ihr Anwalt riet ihr zu einer Mediation.
In der Mediation erfuhr Frau K., dass Sylvia S. sie wegen ihrer Kenntnisse stets bewunderte und sie gern auf ihrer Seite gehabt hätte. Das aber gab sie nie zu, weil sie befürchtete, von ihr dann als Chefin nicht mehr akzeptiert zu werden.
Sylvia S. erfuhr in der Mediation, dass Frau K. sehr an ihrem Arbeitsplatz hing und schätzte, welch Freiräume sie vom Senior-Chef bei der Ausübung ihrer Tätigkeit eingeräumt bekommen hatte. Jetzt fühlte sie sich in ihren Kompetenzen beschnitten.
Im Ergebnis der Mediation verständigten sich die Frauen darauf, dass Jutta K. eigenständige Tätigkeiten im Unternehmen unter Gesamtleitung von Frau S. übertragen bekommen solle, beispielsweise die komplette Vorbereitung von Messeteilnahmen.

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