Schulen- und Universitäten

Schulmediation

„Schulmediation“

Gewalt unter Jugendlichen ist auch in der Schule an der Tagesordnung. Konflikte werden immer häufiger nicht mehr mit verbal , sondern mit Fäusten ausgetragen. Jugendliche sind mit Messern und Schlagringen auf dem Schulhof anzutreffen. Wir sind erschüttert, wenn Schüler Lehrer umbringen. Gerade Lehrkräfte und Behörden beklagen oft den Mangel an wirksamen Instrumenten und konkreten Handlungsmustern zur Verbesserung der Situation.

Unsere Kinder lernen Lesen, Schreiben, Mathematik, Fremdsprachen und noch vieles mehr.

Dass wir richtiges (kultiviertes) Streiten lernen und lehren, eine gute Kommunikation schaffen und somit eine demokratische Konfliktkultur entwickeln, steht nicht im Vordergrund unserer Bildung.
Schulmediation

Doch es gibt die Schulmediation, eine junge Entwicklung.

An immer mehr Schulen gibt es für interessierte Schüler/innen das Angebot für Mediation.

Mit Mediation ist ein Verfahren zur Konfliktbearbeitung gemeint, welches den Streitenden die Möglichkeit eröffnet, auf gewaltfreiem Weg zu einer für beide Seiten zufrieden stellenden Lösung zu kommen.
Konfliktlotsen

Bei der Schulmediation werden Mitschüler/innen als Vermittler oder sogenannte Konfliktlotsen ausgebildet. Sie werden umgehend nach dem Konflikt eingesetzt. Sie unterstützen die Konfliktparteien bei der Regelung oder Lösung ihrer Auseinandersetzung. Dadurch können die besonderen Vorteile der Peer-education (erhöhte Akzeptanz, Förderung der Selbst- und Entscheidungssicherheit , der Autonomie usw.) genutzt werden.
Fallbeispiel

Ein typischer Fall: Nach einem Konflikt zieht einer als Sieger davon. Der Verlierer überlegt, wie er es heimzahlen kann. So war es auch bei Silvio und Andrea. Am nächsten Tag fanden sich beide freiwillig im Mediationsraum ein, um einen Weg aus dem Streit zu finden. Zunächst wird die Vermittlung von zwei Schüler/innen, die als Vermittler/innen ausgebildet wurden, so eingeleitet, dass eine positive Atmosphäre Ängste und Unsicherheiten verringert. Dann trägt jeder seine Version vor. Der Konfliktlotse wiederholt bei jedem Kontrahenten sofort mit dessen Worten. Danach äußert jeder noch einmal seine Gefühle. Zur Erhellung trägt ein Rollenwechsel bei. Silvio spricht als Andrea, Andrea als Silvio. Dieses „In den Schuhen des anderen laufen“ ist ein Höhepunkt auf dem Weg zum Umdenken. Beide überlegen nun Lösungen, handeln diese aus und machen einen Friedensvertrag, der in der Regel schriftlich niedergeschrieben wird. Nach einer Woche treffen sich beide mit dem Konflitlotsen und prüfen, ob die Vereinbarung eingehalten worden ist.

Das Verfahren

Die Unterstützung der Konfliktparteien durch die Konfliktlotsen erfolgt in einem einfachen, klar strukturierten Verfahren. Die Regie für den ganzen Prozess liegt bei dem Konfliktlotsen.

Zunächst hat jede Partei die Möglichkeit, ihre Sichtweise darzulegen, während die andere zuhört.
Anschließend werden die Bedürfnisse und Interessen der Parteien ermittelt
und es wird nach Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten gesucht.
Gestützt darauf entwickeln die Parteien Lösungsoptionen und entscheiden sich dann für eine Lösung.
Diese wird als gemeinsame Vereinbarung in der Regel schriftlich festgehalten und beiderseits unterzeichnet.
Mediation ist keine Gerichtssitzung. Es geht darum, dass die Streitenden ihre Differenzen konstruktiv bearbeiten und in eigener Verantwortung einen Weg finden, wie sie in Zukunft miteinander umgehen. Ein Konsens mit einer gemeinsamen Vereinbarung wird gesucht. Es wird nicht über sie verhandelt, sondern sie verhandeln selbst.

Es wäre gut, wenn in der Ausbildung für die Fächer Sozialkunde, Ethik und Religion Mediation Bestandteil wäre.

Zum Beispiel könnte für den Religionsunterricht die Bergpredigt mit ihrer Feindesliebe hier ihre praktische Anwendung finden.
An welche Altersstufe richtet sich das Projekt?

Das Streitschlichter-Programm (Mediation in der Schule) beginnt in der Regel in der Sekundarstufe I ab 5. Klasse.

Ergebnis:

An allen Schulen mit dem Streitschlichtermodell „Mediation in der Schule“ konnte ein verbessertes Lernklima ausgemacht werden und die Zufriedenheit von Schülern und Lehrern an ihrem Arbeitsplatz Schule ist deutlich gestiegen.

Besonders faszinierend ist , dass sich oft gerade unangepasste, als schwierig geltende Jugendliche beim Einsatz als Konfliktlotsen besonders erfolgreich entwickelt haben. Die soziale Kompetenz wird damit gestärkt und damit die Chance auf dem Arbeitsmarkt.
Gisela Schlede
Religionspädagogin / Schulmediatorin
Vom Konfliktlotsen zum Konfliktkapitän das St.Gallener Modell
In Unternehmen verschiedener Branchen und in der Verwaltung werden ehemalige Schüler/innen, die als Konfliktlotsen tätig waren , im 1. oder 2. Lehrjahr ausgewählt und von Mediatoren/Mediatorinnen ebenfalls in einem 3-Tageskurs nach einem detaillierten Konzept zu Konfliktkapitänen (Co-Trainern) ausgebildet.
Als jugendliche Konfliktkapitäne gehen sie zurück in die Schulen oder in die Klassen der Berufsschulen und führen in allen in Frage kommenden Klassen eine halb- bis ganztägige Sensibilisierung für Mediation durch. Dann wählen die Klassen je 2 Schüler/innen, welche ihnen geeignet erscheinen, als Vermittler in Konflikt zu wirken. Die gewählten Schüler/innen als Konfliktlotsen, werden anschließend in einem speziell auf sie zugeschnittenen 3-Tageskurs ausgebildet. Nach der Ausbildung können sie bei ihrer Arbeit in den Klassen Konfliktkapitäne aus den Betrieben bzw. der Verwaltung beiziehen und bei Bedarf auch Lehrer/innen, welche den 3-tägigen Lehrerkurs absolviert haben. So vernetzt sich die Schule mit der Wirtschaft und Verwaltung. Jede Seite profitiert. Die Konfliktkapitäne können ihre gewonnen Fähigkeiten in den Unternehmen bzw. der Verwaltung einsetzen.

Für interessierte Lehrer/innen werden im Weiterbildungsprogramm 3-tägige Kurse angeboten, damit diese später entsprechende Betreuungsaufgaben in den Klassen übernehmen können.

Das Modell und seine Verantwortlichen erhielten Anerkennungsurkunden von der Internationalen Bodenseekonferenz 2001 und dem Ostschweizer Zentrum für Prävention. Am Weltkongress für Mediation in Buenos Aires 2003 erfuhr es internationale Beachtung.

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